Wochenbuch (221): Wie politisch ist der Eurovision Song Contest...?

Grüezi mitenand

 

Heute mal etwas ganz anderes... Der Eurovision Song Contest 20156 ist durch und die Siegerin aus der Ukraine gibt zu reden. War das Votum auch eine europäische Abstimmung über Russland und die Besetzung der ukrainischen Krim-Halbinsel?

 

Die Ukraine besiegt das übermächtige Russland. Wenigstens beim Eurovision Song Contest (ESC). Und da die Interpretin Jamala das Schicksal der 1944 aus der Krim vertriebenen Tataren besang, war für die Schnellschuss-Kommentatoren sofort klar: Der Sieg war ein Plebiszit über die russische Annexion der Krim-Halbinsel.

 

Per Twitter befeuerte Präsident Poroschenko diese Deutung: «Heute hat mit Jamalas Stimme das ganze ukrainische Volk gesprochen. Die Wahrheit hat wie immer gesiegt.» Nur nicht ganz im Sinne des Staatschefs. Denn heuer wurden die Punkte erstmals gleichberechtigt von einer Expertenjury und per Televoting vergeben, was mitunter zu völlig unterschiedlichen Ranglisten im gleichen Land führte. So deutlich der russische Beitrag bei den Jurys durchfiel, so klar schwang er beim TV-Publikum oben aus.

 

Man mag über Putin urteilen, wie man will, beim ESC lieferte Russland ab, was der Anlass verlangt: eine hübsche Show fürs Auge und ein kraftvoll vorgetragener Titel fürs Ohr. So empfanden es auch die Zuschauer der angeblich verfeindeten Staaten. Das ukrainische Publikum belohnte den Russen Lasarow mit dem ersten Platz, während die Jury ihn abstrafte. Umgekehrt gab es für Jamala beim russischen Televoting die zweitbeste Rangierung, die Musikexperten verbannten sie dafür auf den zweitletzten Platz. Das Fussvolk kann offenbar besser zwischen Kunst und Politik unterscheiden als die Eliten. Dann bleibt noch der letzte Platz für die Deutsche Jamie-Lee Kriewitz, eine Mischung aus Schulmädchenreport und Manga-Figur, zu deuten. Ein europäisches Plebiszit über Merkels Politik? Oder einfach nur ein grottenschlechter Beitrag? Vielleicht beides.

 

Noch ein Satz zur Schweiz und zum ESC generell: Von mir aus könnte die Schweiz lieber heute schon als morgen auf die Teilnahme verzichten. Es gehört sicher nicht zum Versorgungsauftrag unseres "Service Public"-Staatsfernsehen, an solchen Veranstaltungen mitzumachen. Dafür brauchen wir keine Zwangssteuern für die SRG zu zahlen.

 

Mit besten Grüssen (und bis bald)

Peter Keller